"Mein Weg" - Lena Oschmann (Herzstück - Das Kuchenatelier)

Lena, 37 Jahre, Herzstück – Das Kuchenatelier

Lenas Weg fing recht klassisch an: Ausbildung zur Sport- und Fitnesskauffrau dann ein Lehramtsstudium, später der Wechsel zu den Bildungswissenschaften. Zitat: „...habe festgestellt, dass ich später ins Gefängnis komme wenn ich Lehrerin werde...“. Mann, Kind, heile Welt. Und dann, drei Tage vor ihrem letzten Semester, der Unfall.

 

Lena hatte auch während des Studiums als Fitnesstrainerin gearbeitet und besuchte in diesem Zusammenhang eine Fitnessmesse. Beim testen eines neuen Trainingsgerätes kam es zu einem folgenschweren Versäumnis und Lena rissen vier Kreuzbänder. Sie erlebte in den folgenden 1,5 Jahren mehrere Operationen und Reha-Aufenthalte, längere Zeit saß sie im Rollstuhl. Wenn sich ihr Mann zur Schlafenszeit noch zum Sohn kuschelte und sie im Rollstuhl nur davor stehen konnte, traf sie die Situation besonders hart.

 

Ich war ganz schön unglücklich. Ich brauchte was, was mich glücklich machte um das durchzuhalten.“ Da brach sich eine alte Idee wieder Bahn. Sie hatte schon immer mit dem Gedanken gespielt, ein kleines Café zu haben. „Gebacken habe ich im Grunde ja schon immer. Das ist familiär bedingt. Mama und Oma haben auch immer gebacken. Backen liegt mir im Blut!“ Lena hatte früher auch schon eine Website betrieben. Auf "Herz aus Zucker" präsentierte sie damals erste Tortenkreationen. "Aber wahrscheinlich", reflektiert sie, "hätte ich den Schritt nie gewagt". 

 

Auftritt: Melli!

 

Durch eine gemeinsame Bekannte erfuhr Lena, dass Melli überlegte ein Café zu eröffnen. Melli hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits mit einer Bank unterhalten und ein passendes Objekt ins Auge gefasst. Für Lena erst mal ein Ärgernis, hatte sie doch das gleiche Objekt schon für sich im Visier gehabt. Erste Reaktion: „Neeeiiinnn!!! Ich möchte das nicht!!! Ich finde das´schade´ wenn ich mir vorstelle, dass DIE dann „meinen“ Laden aufmacht!!!“ Erzählt sie und lacht. Lena besann sich, nahm Kontakt zu Melli auf und unterbreitete ihr das Angebot, das Café gemeinsam zu eröffnen..

 

Sehr bald merkten die beiden, dass sie die gleichen Bilder im Kopf hatten. „Hell und freundlich, ein bisschen skandinavisch, ein bisschen verspielt. Es sollte nicht trendy sein. Einfach leckerer Kuchen, familienfreundliche Atmosphäre mitten in Stadtfeld. Wir wollten, dass sich junge Leute hier wohl fühlen und ältere auch.“

 

Und so dauerte es dann gar nicht lange und sie machten Nägel mit Köpfen und beschlossen zu zweit zu gründen.

 

Auftritt: Papa!

 

Der war schon immer beruflich vielseitig unterwegs gewesen und betätigte sich zu dieser Zeit als egopilot. Er half den beiden bei Konzept und Businessplan und stellte die entscheidenden Fragen. Denn bei aller Café-Romantik: „Es geht darum die Zukunft zu sichern und seine Miete zahlen zu können mit etwas, was man richtig, richtig gern macht.“ führt Lena aus.

 

Der Vater war eine entscheidende Unterstützung. Anderes hingegen fühlte sich an wie zähe Gallerte. „Ich habe nicht das Gefühl, dass es in Deutschland leicht ist, sich selbstständig zu machen. Die Ämter halten ganz schön auf. Das Bauordnungsamt ganz vorne. Eh man da einen Antrag durch hat...Alle wollen immer sofort etwas haben, sind aber in den Bearbeitungsprozessen so langsam, dass wir dachten, wir werden diesen Laden niemals aufmachen.“

 

Wie gut, dass Familie und Freunde da anders sind. Und Mirko, ihr Mann. Lena meint, dass ein starker Partner gerade auch in einer Geschäftsgründungsphase unerlässlich ist. "Als alleinerziehende Mama hätte ich das im Leben nicht geschafft. Ohne Mirkos riesengroße Unterstützung, für die er mir nie das Gefühl gibt, dass er eine Gegenleistung erwartet, wäre ich nämlich auch nicht an dem Punkt, an dem ich jetzt bin. Final hätte ich mich wohl eher für Phil (das Kind), als für meinen beruflichen Lebenstraum entschieden. Dank Mirko funktioniert beides."

Und: „Alles fügt sich.“ Durch den Auszug des Lillehus nebenan, hatten die beiden die Möglichkeit ihr Café räumlich zu erweitern. Koch und Konditorin sind auf sie zugekommen und es passte einfach. "Es fühlt sich manchmal an wie Schicksal." sagt Lena und strahlt.

 

Lena und Melli mussten sich überlegen wie sie sich zu zweit organisieren. „Anfangs dachten wir, dass jede alles macht....es hat sich sehr schnell gezeigt, dass das nicht möglich ist. Es sind mit der Zeit so viele Aufgabenbereiche geworden. Es hat sich sehr schnell heraus kristallisiert wer was macht.“ Und einmal mehr ist sie froh, das Café nicht allein eröffnet zu haben.

 

Seit der Eröffnung sind 2 Jahre ins Land gegangen. Die beiden haben viel gearbeitet aber auch viel Hilfe bekommen. Die Finanzen sind ein Dauerthema. Alles was angeschafft werden musste, wird aus den laufenden Einnahmen bezahlt und so ist das monatliche Einkommen noch weit davon entfernt, als "stattlich" bezeichnet zu werden. Aber wer allein acht Kühlschränke benötigt, dem bleibt nichts anderes übrig als längere Zeit mit bescheideneren Einkünften zu leben.

 

Wieso hat es sich gelohnt diese Anstrengungen auf sich zu nehmen?

 

„Weil es einfach wirklich glücklich macht. Weil ich ruhig schlafe. Auch wenn man das Finanzamt immer im Nacken hat und regelmäßig traurig ist, was man da so abdrücken muss. Es ist immer ein beruhigendes Gefühl zu wissen: Egal wie, es macht mich einfach glücklich. Zu wissen: Das ist unser Baby, ich muss vor niemandem Rechenschaft ablegen. Wenn ich länger arbeite, weiß ich, das mach ich für keinen anderen." Und dann erzählt sie von ihren Eltern und wie stolz diese vor Kollegen und Freunden die Torten ihrer Tochter präsentieren und freut sich.

 

Wie siehst du euer Café in 3 Jahren?

 

„Ich fürchte, dass wir ein weiteres Café eröffnet haben.“ und wieder strahlt mich Lena an, mit diesem Blick, der stets vorwärts gerichtet zu sein scheint.

 

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Lenas Geschichte erzählt von starken Familienbanden, davon wie eine Generation in die nächste wirkt. Wie der Berufsweg des Vaters den der Tochter kreuzte und davon, dass wir manchmal ganz gut wissen, was wir brauchen.

 

Als ich nach dem Gespräch im Auto saß, wirkte Lenas Haltung noch in mir nach. Wie sie über die Zeit nach dem Unfall sprach, über ihre Familie und wie sie an die Realisierung des Cafés gegangen war, hatte etwas so aufrechtes. Eine Haltung, geprägt von Zuversicht, Mut, Widerstandskraft und Liebe.

 

Vielleicht ein Hinweis darauf, dass das was wir tun und wie wir es tun wesentlich davon geprägt ist, wie wir sind. Und da fällt mir ein Zitat von Bodo Schäfer ein „Ihr persönlicher Erfolg wird nie größer sein als ihre persönliche Entwicklung.“

 

Manchmal muss man Umwege nehmen um überhaupt ans Ziel kommen zu können.

 

Wer dem Herzstück folgen möchte kann das hier tun oder schaut auf die Website der beiden..

 

Wer Lust hat, sich mit seinem eigenen beruflichen Weg und Wirken auseinander zu setzen, hat dazu u.a. in Form einer Einzelsupervision die Möglichkeit. Manchmal lohnt es sich, beim Arbeitgeber anzufragen ob er, z.B,. im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagement oder zur fachlichen Unterstützung, Supervision genehmigt und finanziert.

 

Weitere Geschichten in meinem blog.

 

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